Cervantes: Der Don reitet wieder!

Eckhard Fuhr, ein kluger, eindrucksvoller und wortmächtiger Journalist, hat der TAZ am 19. Mai ein Interview gegeben. Das trägt die schöne Überschrift: „Jagdtrophäen sind Staubfänger“. Damit hat er natürlich Recht und tausende von Hausfrauen hinter sich.

Weil er aber auch stellvertretender Vorsitzender des ökologischen Jagdvereins Brandenburg (ÖJV) ist, legt er gleich mal die rhetorische Lanze ein und reitet gegen die Windmühle der im deutschen Jagdverband (DJV) organisierten Jäger an – mit 4000 Mitgliedern des ÖJV hinter sich und, um die Mühle rum, mehr als 250000 sogenannte traditionelle deutsche Jäger vor sich. Pauschal und völlig undifferenziert bezichtigt er sie einer „Loden-Subkultur mit … Brauchtumsgeblase und -getute“. Als guter Journalist lässt er das natürlich nicht so stehen, sondern erläutert es in unerschütterlicher Selbstgerechtigkeit mit der Information: „Viele stehen sich mit ihrer Sonderkultur im Weg. Ihnen geht es um die Tradition und die Trophäen. Eine fragwürdige Orientierung, aber für viele so identitätsstiftend…“.

Dann lehnt er noch die Hege ab, weil er meint, die diene ausschließlich dazu, hohe Wildbestände und damit Trophäen heranzuzüchten – eine für einen klugen Journalisten erstaunlich unreflektierte Übernahme dümmlicher Argumente von Jagdgegnern.

Da bleibt es dann nicht aus, dass er in diesem Zusammenhang wieder das inzwischen weitgehend widerlegte Totschlagargument der sogenannten „überhöhten Wildbestände“ herauskramt und als Fazit feststellt, die Jagd müsse forstlichen Zwecken dienen. Dass sein Credo „Wald vor Wild“ nicht nur zweifelhaft ist, sondern inzwischen bei der Forstpartie durch „Wald ohne Wild“ ersetzt wird, hat er erkennbar noch nicht mitgekriegt!

So weit so gut – oder besser: intellektuell etwas simpel!

Kleider machen Leute, oder?
 

Ich muss zugeben: ich liebe Sarkasmus und unfaire Polemik, aber nur, wenn sie mit etwas Humor daherkommt; das unterscheidet mich, glaube ich, von der bierernsten Polemik des Herrn Fuhr.

Deshalb ist es sicherlich unfair, zu glauben, dass Kleider Leute machen. Oder ist da doch was dran? Herr Fuhr erscheint zum Interview in einer knallroten Radfahrerjacke, allerdings glücklicherweise aus Wolle – guter ökologischer Fußabdruck! Warum er Loden nicht mag, auch guter ökologischer Fußabdruck, erklärt er nicht.

Zur Radfahrerjacke trägt er eine rote Mütze. Die ist leider im Beitrag nicht abgebildet. Tatsächlich ist sie aber von einem einigermaßen gemeinen Rosa, wie man auf dem Bild sehen kann. Allerdings trägt er sie mit dem Schirm nach vorn und ohne dümmliche Aufschrift, womit er sich jedenfalls von der Masse der Basecap tragenden Vollpfosten wohltuend abhebt.

Na ja – wir leben in einem freien Land und letztlich kann sich jeder auch auf der Jagd anziehen, wie er möchte.

Die Sache mit der Jagd
 

Wer, wie ich, Herrn Fuhr in Wort und Schrift öfter begegnet ist, weiß, dass er offenkundig ein guter Jäger ist. Außerdem ist er erkennbar auch ein guter Journalist (s. auch unseren Blogbeitrag vom August 2014: „Tierrechte – Totschlagargument gegen die Jagd?). Ich selbst halte mich für das, was man einen modernen traditionellen Jäger nennen würde, und habe viele Jagdfreunde, und kenne in den beiden Vereinigungen, denen ich angehöre, nämlich dem „Deutschen Jagdrechtstag“ und dem „Forum lebendige Jagdkultur„, viele Jäger, die so denken und jagen wie ich. Für uns gehören Jagd und Hege untrennbar zusammen, unser „Grundgesetz“ ist der § 1 des Bundesjagdgesetzes in der noch besseren Formulierung des § 1 des brandenburgischen Landesjagdgesetzes. Danach ist Wild ein wesentlicher Bestandteil der heimischen Natur. Es ist als unverzichtbarer Teil der natürlichen Umwelt in seinem Beziehungsgefüge zu bewahren. Der Schutz des jagdbaren Wildes und seiner Lebensräume ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.

Deshalb wundert es mich, warum Herr Fuhr so argumentiert, wie er das tut. Was hat die Jagd an sich, dass sie Gegnerschaft erzeugt, die häufig unter dem intellektuellen Niveau derjenigen liegt, die sich da gegenüberstehen. So hat unser beliebter Volksphilosoph, Richard David Precht, ein Buch geschrieben mit dem Titel „Tiere denken“. Das ist zwar ziemlich langatmig, und die Fortsetzung eines früheren ebenfalls langatmigen Buches, aber insgesamt sehr kenntnisreich und gut geschrieben.

Bis auf das Kapitel über die Jagd. Das ist – halten zu Gnaden – derart dämlich, dass man mit Fug den Eindruck haben kann, Herr Precht hätte das gar nicht selbst geschrieben.

Eigentlich geht es uns Jägern damit wie der Maus: die hat keine Freunde, sondern nur Feinde. Aber, wie gesagt, 4000 hinter Herrn Fuhr und mehr als 250000 von uns. Hätte ich deshalb nicht besser das Interview in der TAZ einfach totschweigen sollen? Wahrscheinlich ja – aber „wes das Herz voll ist, des geht der Mund (oder das Schreibsystem) eben über (Lukas 6, 45/ Mathäus 12, 34)!

 

Nix für Ungut, Herr Fuhr! Oder »Nichts für ungut, gnädige Herrschaften; wir sind nur ungelehrte Bauersleute!« (Anette von Droste Hülshoff in „Die Judenbuche“ 1942).

Ihr

Dr. Wolfgang Lipps (im grünen Loden !!)

 

 

 

 

 

 

 

Wald OHNE Wild – Brandenburg rottet das Schalenwild aus!

Am 15. Mai 2019 berichtet JAWINA über eine geplante Jagdverordnung Brandenburgs mit der Schlagzeile: „Ökologisches Jagdgesetz per Verordnung“. Was der Verfasser von dem Entwurf hält, sagt er mit den schönen Worten: „Dass ein SPD-Minister einen solchen Entwurf passieren lässt, ohne ihn den verantwortlichen Mitarbeitern um die Ohren zu hauen und sie für ihre erwiesene Verachtung und Geringschätzung demokratischer und rechtsstaatlicher Gepflogenheiten ins Archiv zu versetzen, ist ein Skandal…“.

Wir, das Institut für Jagd Umwelt und Naturschutz, haben in diesem Blog schon seit vielen Jahren immer wieder Veranlassung gehabt, uns zur Jagdpolitik in Brandenburg zu äußern. Was Herrn Minister Vogelsänger (vorstehend abgelichtet) und die überwiegend kläglichen Produkte seines Hauses angeht, so teilen wir die abschätzige Meinung von JAWINA.

In einem wesentlichen Punkt allerdings widersprechen wir: die geplante Verordnung lässt nicht nur allerlei befürchten, sondern der Skandal ist bereits seit Jahren offenkundig und mit der Novellierung der bestehenden Verordnung seit 2014 zumindest angelegt und wird kontinuierlich vollzogen.

Schalenwildjagd als Schädlingsbekämpfung. 
 

Seit einigen Jahren wird die Forstpartie, und ihr folgend die Landesgesetzgebung und vor allem ein Minister wie Herr Vogelsänger immer „schalenwildfeindlicher“. Hieß es nach der Wende in Brandenburg zunächst noch „Wald UND Wild“, so wurde alsbald daraus „Wald VOR Wild“, und heute sind wir bei „Wald OHNE Wild“ gelandet. Seit Jahren wird für Schwarzwild nur ein Mindestabschuss erlaubt. Seit November 2014 ist unser Rehwild vogelfrei. In der Durchführungsverordnung zum brandenburgischen Landesjagdgesetz (BbgJagdDV)) von 2004 enthält die Fassung vom September 2014 in § 4 Abs. 3 die Regelung, dass unter bestimmten Umständen Mindestabschusspläne für Rotwild, Damwild und Muffelwild zulässig sind. Voraussetzung soll u. a. sein, dass die zuständige Hegegemeinschaft überhöhte Wildbestände feststellt oder dass erhöhte Wildschäden auftreten.

Diese Voraussetzungen sind Augenwischerei, und die geplante neue Verordnung soll das offenkundig nur noch deutlicher machen und unser Wild vollständig in die Hände der Forstpartie geben.

Pseudolegale Trickserei.
 

JAWINA sieht mit Recht in der Genehmigung von Nachtzielgeräten eine Methode, unserem Schalenwild zu Leibe zu rücken. Diese Bejagungshilfen verstoßen nicht nur gegen das Waffenrecht – was dem brandenburgischen Verordnungsgeber aus dem Hause Vogelsänger offenkundig ziemlich wurscht ist – sondern ebenso gegen die Grundsätze der Weidgerechtigkeit und gegen die §§ 1 des Landesjagdgesetzes Brandenburg und des Bundesjagdgesetzes.

Eine Reihe anderer Maßnahmen fügen sich nahtlos in die jagdfeindlichen Bestrebungen des Ministeriums ein. Der Landesjagdverband hat darauf in einem offenen Brief hingewiesen – siehe unseren Blogbeitrag vom 7. März. Die Unterordnung der obersten Jagdbehörde unter die oberste Forstbehörde dient erkennbar dem starken Eingriff in die Schalenwildbestände.

Auch die Forstpartie kann sich natürlich der Erkenntnis nicht verschließen, dass Wild ein, wie § 1 unseres Landesjagdgesetzes richtig sagt, wesentlicher Bestandteil der heimischen Natur ist und seine Hege eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.

Der miese Trick, die Hege durch Totalabschuss zu unterlaufen, ist der sogenannte Mindestabschussplan. Bereits in unserem Blogbeitrag vom März 2015 haben wir darauf hingewiesen, dass Mindestabschusspläne überhaupt keine Abschusspläne sind. Ein Mindestabschussplan sagt weiter nichts als: „Du kannst alles totschießen, was Dir vor die Büchse kommt, mindestens aber 30 Stück.“ Das ist kein „Plan“, sondern eine „Lizenz zum Töten“, weiter nichts!

Beispiel: Abschussplan der Oberförsterei Chorin:
 

die Hegegemeinschaft, der der Unterzeichnete angehörte, musste aufgelöst werden, weil die zuständige Oberförsterei als größter Flächenbesitzer ausgetreten ist. Sie wird dadurch ersetzt, dass wir uns in die Abschussplanung der Oberförsterei einbringen dürfen.

Diese sieht für das Jagdjahr 2019/2020 wie folgt auszugsweise aus:

RotwildPlan: 138Genehmigt: 138Mindestabschuß
DamwildPlan: 120Genehmigt: 120Mindestabschuß
MuffelwildPlan:   14Genehmigt:   10Mindestabschuß

Wer das für einen Plan hält, hat seit der Volksschule nicht mehr aufgepasst. Vorgeschrieben ist aber ein Plan – die Berücksichtigung von Belangen der Land- und Forstwirtschaft steht ebenfalls unter dem Gebot der Hege – die hat zum Ziel einen gesunden und artenreichen Wildbestand. Und dafür ist ein Mindestabschuss nicht nur untauglich, sondern abartig und rechtswidrig!

Quo vadis Jagd?

In unserem Blogbeitrag vom 13.10.2016 haben wir schon beklagt, dass angebliche Mindestabschusspläne nicht nur behördlich verordnet, sondern sogar gerichtlich abgesegnet wurden.

Da können wir mit – angeblich – Albert Einstein zunächst mal nur feststellen: „Zwei Dinge sind unendlich, das Universum und die menschliche Dummheit. Aber beim Universum bin ich mir noch nicht ganz sicher.“  Aber das alleine ist es ja nicht – wir haben es hier sicherlich nicht, oder nicht nur, mit Dummheit zu tun, sondern leider mit einer geplanten und mit Tricks und Täuschung kontinuierlich durchgesetzten Gegnerschaft gegen Jagd und Wild.

Ihr sehr besorgter

Dr. Wolfgang Lipp

Lebendige Jagdkultur

Das Forum Lebendige Jagdkultur e. V. hielt vom 26. bis 28. April 2019 im Kloster Frauenberg in Fulda seine Jahrestagung ab. Die Teilnehmer wurden im Residenzschloss durch den stellvertretenden Bürgermeister empfangen (andere Verwaltungen beraten nur in Rathäusern, in Fulda wird in einem Schloss beschlossen). Ein geführter Stadtrundgang durch das Fuldaer Barockviertel folgte, verregnet aber dennoch schön. Ein Erlebnis dieser Veranstaltung war ein Besuch des Schlosses Fasanerie vor den Toren Fuldas, wohl das schönste Barockschloss Hessens.

Ein historisches Jagdkonzert der Salzburger Hof- und Jagdmusik  zusammen mit den französischen Parforce-Hörnern der rallye trompes de baumburg, begleitet von Vorführungen einer Falknerin und eines Falkners, war der kulturelle Höhepunkt der Tagung.  

Der Einführungsvortrag von Wendelin H. Priller behandelte die Jagd der Fürstäbte und Fürstbischöfe von Fulda im 18. Jahrhundert. Ich selbst habe eine rechtstheoretische Hinterfragung des Verhältnisses von Jagdrecht und Tierrechten vorgetragen. Nachdenklich machte der Vortrag von Bernd Krewer über „Bewegungsjagden mit waid- und tiergerechtem Hundeeinsatz“. Dr. Günter Kühnle sprach über „Die Jagd, das Töten und der Tod. Zum Umsturz basaler Werte der Waidgerechtigkeit als Folge des Neuen Humanismus“ und Dr. Georg Urban machte sich Gedanken über „Die Position des Jägers in der Nahrungs- und in der Bedürfnispyramide“.

Während der Tagung war Gelegenheit, zahlreiche der wunderbaren Tierbilder des Tiermalers, Jägers und Forumsmitgliedes Dieter Schiele zu betrachten.

Trotz des schlechten Wetters eine rundum gelungene Tagung.

Ihr

Dr. Wolfgang Lipps

 

Nachtzieltechnik – die Erosion der Weidgerechtigkeit

Es ist eine gesicherte Erkenntnis der Psychologie: Hilflosigkeit erzeugt Gewalt. Landwirtschaft, Forst und Jagd stehen den wachsenden Schwarzwildbeständen hilflos gegenüber – so meinen sie jedenfalls – und so eskaliert die Gewalt gegen dieses Wild.

Es begann mit der Aufhebung des Nachtjagdverbots. Und heute landen wir über die Erlaubnis künstlicher Lichtquellen [1] und von Saufängen [2] bei der Ausrüstung von bislang 16 brandenburgischen Förstern mit Nachtzieltechnik [3] (mit zweifelhafter rechtlicher Begründung). Inzwischen meint man in Brandenburg, der Mutterschutz der Sauen ende, wenn die Frischlinge die Streifen verlieren – was bekanntlich nicht nur blöd sondern unweidmännisch ist – s. Jagdrechtsblog vom 30.11.17.

Inzwischen wird Nachtzieltechnik für Jäger ernsthaft diskutiert und von vielen befürwortet, wird also wohl kommen. Und bald wird man bei Drückjagden erleben, wie Drohnen mit gezoomten Bildern Schwarzwild aufspüren und Hundeführer und Treiber präzise ans Wild führen.

„Weit wogt und wallt der Hader“   [4]

Bislang konnte man die Notwendigkeit scharfer Schwarzwildbejagung mit den steigenden Schäden in der Landwirtschaft begründen. Die sind zwar ernst, und eine erfolgreiche Jagd schwer, aber so richtige Gewalttätigkeit gegen die Wutze lässt sich damit nicht rechtfertigen.

Aber jetzt haben wir dafür den richtigen Popanz: die böse afrikanische Schweinepest. Zwar wird darüber viel Unsinn geredet – s. unseren Blogpost „ASP und der Popanz Jagddruck“ vom 13. Februar 2018, aber als Argument in der Diskussion der Unwissenden ist sie allemal wirkungsvoll. Denn eines ist ja richtig: je weniger Wildschweine es gibt, desto weniger können infiziert und damit kurzzeitig ansteckend werden.

Also weg mit ihnen.

Und die Weidgerechtigkeit?

Nach dem BJagdG sind bei der Jagd die „allgemein anerkannten Grundsätze deutscher Weidgerechtigkeit“ zu beachten. Aber die stören nicht nur niemanden mehr, sondern es wird z. B. so kommentiert: „Waidgerechtigkeit fängt immer beim Einzelnen an – und muss sich immer an die Gegenwart anpassen. Der Wildschaden durch marodierende Sauen ist in einigen Ecken Europas existenzgefährdend, und dem sollte man als Landwirt auch Rechnung tragen können. In anderen Regionen hingegen könnte man die Nachtjagd getrost einstellen[5].

Das ist natürlich, mit Verlaub, zu kurz gesprungen, von der Polemik der „marodierenden“ Sauen und der „Ecken Europa“ mal abgesehen.

Weidgerechtigkeit“ ist ein sog. unbestimmter Rechtsbegriff. Wenn der Gesetzgeber derartige Begriffe verwendet, dann ist das kein Zeichen von Ratlosigkeit oder unklarem Denken. Vielmehr kommt es ihm darauf an, künftige konkrete Entwicklungen in der Praxis nicht durch eine zu genaue feste gesetzliche Regelung auszuschließen, sondern Praxis und Rechtsprechung einen gewissen schöpferischen Spielraum zu überlassen. Unbestimmte Rechtsbegriffe müssen also jeweils ausgelegt werden. „Bei der Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe kommen die allgemeinen Auslegungsregeln zur Anwendung. Dabei wird vom Wortsinn der unbestimmten Rechtsnorm ausgegangen (grammatische Auslegung), ihre parlamentarische Entstehungsgeschichte untersucht (historische oder subjektive Auslegung), ihr Sinn und Zweck hinterfragt (teleologische Auslegung) und ihre systematische Stellung im Gesetz geprüft. Die Auslegung kann den Behörden nur ausnahmsweise einen gewissen Beurteilungsspielraum eröffnen, der gerichtlich voll nachprüfbar ist[6].

Weidgerechtigkeit meint auch „Nachhaltigkeit“

(1) Wild ist ein wesentlicher Bestandteil der heimischen Natur. Es ist als unverzichtbarer Teil der natürlichen Umwelt in seinem Beziehungsgefüge zu bewahren. Der Schutz des jagdbaren Wildes und seiner Lebensräume ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.

(2) Dieses Gesetz dient dazu,

  1. einen artenreichen und gesunden Wildbestand in einem ausgewogenen Verhältnis zu seinen natürlichen Lebensgrundlagen zu erhalten;

2……….

So ergänzt das Landesjagdgesetz Brandenburg den § 1 des Bundesjagdgesetzes, unseres jagdlichen „Grundgesetzes“. Ziff 4 des Gesetzes bestimmt seinen Zweck auch damit, „die von jagdbaren Tieren verursachten Schäden am Wald und auf landwirtschaftlichen Kulturen auf ein wirtschaftlich tragbares Maß zu begrenzen“, und nimmt damit den Vorrang der Land- und Forstwirtschaft des § 1 Abs. 2 BJagdG auf [7].

Auch Sauen haben also einen Anspruch darauf, irgendwann im Laufe des Tages oder der Nacht nicht verfolgt zu werden, nicht zu früh von ihren Frischlingen getrennt zu werden, nicht in Saufängen erschlagen zu werden – also: weidgerecht bejagt zu werden. Auch sie sind unverzichtbarer Bestandteil unserer Kulturlandschaft. Aber inzwischen haben wir zwischen Amazon Google und Co. Nicht nur keine Privatsphäre mehr, sondern auch unsere Sauen! Und die werden sich rächen, schlau wie sie sind. Sie werden noch heimlicher, noch verstreuter, noch schädlicher– kurzum: auf mittlere und lange Frist ist Aufrüstung nie dauerhaft erfolgreich!

Scharfe Bejagung ja, Schädlingsbekämpfung : NEIN!

Es ist richtig, dass Schwarzwild scharf bejagt werden muss. Aber zum einen müssen die Mittel dazu immer noch weidgerecht sein, und zum anderen sind andere Paradigmenwechsel gerade auch zur Bekämpfung der Schweinepest heute wichtiger denn je. Die Landwirtschaft muss den großflächigen Anbau von Mais und Raps überdenken und Bejagungshilfen geben, Fruchtfolgen ändern, Maissilage verringern u.a.m. Die ASP erfordert ganz andere Prävention an der Grenze, auf den Fernstraßen, im internationalen Güterverkehr und bei den deutschen Schweinebetrieben.

Dr. Diana Pretzell vom WWF findet das derzeitige „mediale Halali“ bei der Debatte um die Afrikanische Schweinepest für überflüssig. „Der Ruf nach Jagd als Allheilmittel ist purer Aktionismus. Er lenkt von den Ursachen der gewachsenen Wildschweinbestände ab[8].

Neue Technik kann gut und richtig sein, aber verlangt Augenmaß. Man muss nicht alles machen, nur weil man´s kann, sondern nur das, was man machen sollte.

Meint Ihr

Dr. Wolfgang Lipps

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Fußnoten;

[1] Allgemeinverfügung des Ministeriums für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Landwirtschaft zur befristeten Einschränkung von § 26 Absatz 2 des Jagdgesetzes für das Land Brandenburg – Bekanntmachung des Ministeriums für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Landwirtschaft Vom 6 November 2017

[2] https://www.outfox-world.de/news/brandenburg-genehmigt-saufaenge-zur-asp-abwehr.html

[3] https://www.jagderleben.de/news/landesforst-brandenburg-ruestet-nachtsicht-vorsatzgeraeten

[4] „Wildgänse rauschen durch die Nacht“ 1916 von Walter Flex, Vertonung Robert Götz.

[5] https://www.jaegermagazin.de/jagdausruestung/zielfernrohre-und-optik/nachtzielgeraet-im-test-guter-vorsatz-schlechtes-image/

 [6] Wikipedia

[7] Die Hege muß so durchgeführt werden, daß Beeinträchtigungen einer ordnungsgemäßen land-, forst- und fischereiwirtschaftlichen Nutzung, insbesondere Wildschäden, möglichst vermieden werden.

 [8] https://www.topagrar.com/management-und-politik/news/wwf-jagd-kein-allheilmittel-gegen-afrikanische-schweinepest-9596479.html