Der Landesbetrieb Forst Brandenburg wollte auch im Jahre 2014 die wohlwollende Bevölkerung mit einem schönen Kalender erfreuen und ließ, für eine (dort eingedruckte) Schutzgebühr von 3 EURO bzw. 5 EURO im Internet (und einen Aufwand von 7.500 EURO) einen solchen mit diesem schönen Titelblatt erstellen, der allerdings im Handel dann doch, wie die Märkische Oderzeitung berichtete, 10,85 EURO kosten sollte.

Forsthaus perfekt

 Auf der Seite 2 dieses Kalenders wurde zum Titelfoto von einem namentlich nicht genannten Verfasser folgendes mitgeteilt:

„Als Forsthaus „Rarangsee“ wurde das Anwesen 1935 auf Befehl des Reichsforstmeisters Göring im Zusammenhang mit dem Erweiterungsbau seines Landsitzes „Carinhall“ erbaut. Die Liegenschaft sollte als Musterbau für die zukünftige Bauweise von Forstdienstgehöften in der Schorfheide dienen.

Dieser Text ist sicherlich keine sprachliche Meisterleistung und auch sonst in kleineren Punkten nicht ganz zutreffend. Aber keiner von denen, die diesen Kalender gesehen haben – nicht nur der Unterzeichnete, sondern eine ganze Reihe anderer Personen – hat an dieser Darstellung Anstoß genommen. Auch die Verwendung „schwarzbrauner Hölzer“ scheint harmlos – siehe „Schwarzbraun ist die Haselnuß“ und „…sprang ein schwarzbraunes Mädel heraus…“ (ein etwas ulkiges Jägerlied aus „des Knaben Wunderhorn“, in welchem dieses Mädel dann „des jungfrischen Jägers Weib“ wird, nachdem der sie erst mit seinen großen Hunden bedroht hat – na ja, wer so was mag!).

Wie gesagt: keiner hat sich an diesem Kalenderblatt gestört.

Bis auf einen!

Als Jens-Uwe Schade das Deckblatt des neuen Hochglanz-Kalenders des Landesforstbetriebs sah, da war er nach seinen eigenen Worten „erst einmal ein paar Minuten sprachlos“ weiß die Berliner Zeitung am 14.01.2014. Denn die Revierförsterei sei kein normales Gebäude, sondern ein „Gebäude mit Geschichte“. Schade

Anschließend verwechselt Herr Schade dann allerdings das Forsthaus durchgängig mit Carinhall und meint, „Carinhall war kein unbeschwerter Ort und nicht einfach nur ein Sommersitz“. Vielmehr diente das Anwesen zeitweise als Machtzentrale. „Dort wurden auch Todesurteile unterschrieben“.

Wo er recht hat, hat er recht.

Aber was hat das mit dem mehrere Kilometer entfernten Forsthaus zu tun?  

 Herr Schade wird aktiv

Nun war man offensichtlich beim zuständigen Ministerium von dieser Kritik des Herrn Schade sichtlich beeindruckt. Denn der ist immerhin der Ministeriumssprecher und gilt deshalb im Hause sicherlich als ein Mann, der nicht nur das geschriebene Wort beherrscht, sondern auch ein waches Geschichtsbewusstsein besitzt. Hat er dieses doch schon einmal in einem auch noch von seinem Ministerium selbst herausgegebenen Buch (mit Stefan Adam) über die Bedeutung der Kartoffel in Brandenburg unter Beweis gestellt, welches den ungeheuer lustigen (allerdings einem uralten Witzgedicht entlehnten) Titel trägt:   Neues aus der Akte Pommes Fritz.

Pommes Fritz

Weil der Alte Fritz die Kartoffel in Preussen eingeführt hat, klar, nicht? Wußten Sie aber sicher schon. Zeigt uns aber: guter Mann, der Herr Schade. Und der, obwohl immerhin Ministeriumssprecher, war „erstmal sprachlos“. Für einen Sprecher schon ungewöhnlich!

Jedenfalls teilt uns die Berliner Zeitung am 14.01 unwidersprochen mit: „Schade informierte seinen Minister, am Montag stoppte das Ministerium die Auslieferung der 2000 Exemplare des Kalenders, der eigentlich Werbung für die Arbeit des Landesbetriebs machen sollte“. Alle erreichbaren Kalender wurden eingestampft, ihre Wiedergabe im Internet gelöscht. € 7.500 (aus Steuermitteln) in die Tonne getreten.

Seine Sorgen möchte man haben

Nun kann man durchaus über die Darstellung von Bauten diskutieren, auch kontrovers, die irgendein negatives, vor allem „braunes“ Gedankengut transportieren. Etliche Bauten des Dritten Reiches spiegeln sicherlich die seinerzeitige völkische Ideologie wieder. „Die Machthaber und deren Architekten und Planer beanspruchten, einen „nationalsozialistischen Stil“ auf Grundlage des ererbten Fundus europäischer Bau-Typologie und -Morphologie entwickelt zu haben“. Das mag allenfalls für bestimmte Bauten aus dieser Zeit gelten; schon beim Olympiastadion oder dem Finanzministerium oder dem Flughafen Tempelhof oder der Münchner Hochschule für Musik und Theater hätte ich da so meine Zweifel.

Aber vor allem für unser schönes Forsthaus, das zudem seit 1996 als Baudenkmal unter Schutz gestellt ist, gilt das nun beim besten Willen nicht. Es vermittelt sicherlich kein rechtes oder braunes oder sonst „faschistoides“ Gedankengut und eignet sich auch nicht als Wallfahrtsort für rechte Spinner – es sei denn, diese Posse hätte jetzt welche von denen aufgemüdet. Es gehört also nicht zu den „Früchten“, an denen man Nazis „erkennen“ kann (frei nach Matthäus 7, 17). Das gilt erkennbar auch für den Bildtext.

Ein engstirniges Geschichtsbewusstsein

aber macht das Leben ärmer. Denn die Tatsache, dass irgendein schönes oder eindrucksvolles oder historisch bedeutsames Bauwerk von einem Killer in Auftrag gegeben wurde, bedeutet nicht, dass es niemals auf Kalendern erscheinen dürfte – sondern eben nur, wenn es verwerfliche Gesinnung erkennbar transportiert. Aber mit diesem Geschichtsbewusstsein darf man, um nur mal drei zu nennen, dann weder die Cheops-Pyramide

 Gizeh

noch die Basilius Kathedrale von Iwan dem Schrecklichen (einem der richtig heftigen Killer der Geschichte)

 Basilius

noch das Colosseum in Rom auf Kalendern abbilden.

 Colosseum

SCHADE (!), nicht?

 Ihr Dr. Wolfgang Lipps

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