Die Biosprit-Lüge – wie gehabt!

Wir haben bereits zweimal auf bedenkliche Fakten bei dem vielgerühmten Biosprit hingewiesen – am 13.12.2010 mit „Biosprit – Fluch oder Segen?“ und am 14.07.2011 mit „Stirbt die Biene, stirbt der Mensch“.

Jetzt stellt sich auch noch heraus, dass die Treibhausgasbilanz von Biosprit der EU, das beliebte Alibi der Befürworter dieses Zeugs, unter anderem deshalb so gut aussieht, weil sie unter einem schweren Rechenfehler leidet. Das hat der wissenschaftliche Ausschuss der Europäischen Umweltagentur festgestellt.

Danach darf man für eine seriöse Treibhausgasbilanz nur ausrechnen, was die sog. Energiepflanzen zusätzlich an CO2 absorbieren, muss davon also das abziehen, was die vorher auf der Fläche vorhandenen Pflanzen ohnehin schon absorbiert haben. So aber wird so getan, als ob hier eine zusätzliche Einsparung durch die ganze Biomasse erfolgen würde, was die Einsparung zu hoch ansetzt. Ist Betrug, sieht aber prima aus!

Damit zeigt sich, dass die zutreffende Bilanz gerade für E10-Treibstoff einigermassen verheerend ausfallen müsste, wenn richtig gerechnet würde. Deshalb wohl verabredeten die EU-Kommissare für Energie und Klima, Oettinger (den wir seit seinem dämlichen Halbmast-Vorschlag für Schuldnerländer auch „Fahnen-Günthie“ nennen) und Connie Hedegaard, dass die Effekte der indirekten Landnutzungsänderungen seit 2010 (Waldrodungen für neue Energiepflanzen usw.) erst spätestens 2018 berücksichtigt werden sollen.

Ein Schelm, wer Böses dabei denkt!

Tatsächlich also bewirkt die Biospritproduktion nicht nur Umweltschäden en masse (Monokulturen, Pestizide, Eutrophierung, Bienensterben usw.), sondern sie bewirkt auch keinerlei Treibhausgasminderung beim Treibstoffverbrauch.

Im Gegenteil: Die Erzeugung von Biosprit aus Mais, Raps, Soja, Zuckerrohr oder Palmöl führt zu mehr CO2-, CH4- und N2O-Emissionen als die Verbrennung von fossilem Treibstoff, auch bei Biodiesel.

Auf gut Deutsch: der E10-Weg ist, mit Verlaub, Mist!

Klimapolitisch einzig richtig ist die rasche und stringente Förderung von Energieeffizienz und Verbrauchsminderung. Die Industrie beginnt das zu kapieren. Der Verbraucher weiss das schon und boykottiert den E10-Sprit nach Kräften und wohl auch ganz wirkungsvoll.

Nur die Politik, wie gehabt, merkt nix!

Ihr

Dr. Wolfgang Lipps

Quelle: http://www.heise.de/tp/blogs/2/150490

Biosprit – Fluch oder Segen ?

>sierksdorf-kornfeldOder einfach unüberlegt und verfrüht? 

Ab Januar 2011 kommt der Biosprit E10 auf den Markt, der im Gegensatz zu den bisher schon zulässigen 5% nunmehr mit bis zu 10% Bioethanol versetzt sein darf. Mit diesem aus Pflanzen gewonnenen Treibstoff soll der CO2-Ausstoss verringert und könnten die Erdölreserven geschont werden, meinen z.B. Minister Röttgen und der ADAC-Präsident Peter Meyer.

 Die im Titel gestellte Frage kann aber heute noch garnicht beantwortet werden, und deshalb ist diese Initiative nach unserem Dafürhalten zumindest, um es mal nett auszudrücken, verfrüht – wohl eine unüberlegte (oder absichtliche?) Umwelt-PR der arg gebeutelten schwarz-gelben Koalition, die dem tumben Volk mal „action“ zeigen will. 

Dabei fällt zunächst weniger in´s Gewicht, dass gar nicht alle Autos das Zeug vertragen. AbgaseWichtiger ist dagegen, dass die Gewinnung von Bioethanol aus Pflanzen weltweit auf arge Bedenken stösst. Aber auch die sind zum Teil weder sauber belegt noch frei von dem Verdacht, irgendwelche Partikularinteressen zu fördern; gewichtig aber sind sie allemal.

Wortführer der Bedenkenträger scheint das Londoner Institut für Europäische Umweltpolitik (Institute for European Environmental Policy – IEEP) zu sein. Es hat die Pläne von 23 EU-Mitgliedstaaten bis 2020 daraufhin untersucht, welche möglichen Folgen die für die Erzeugung von Biosprit erforderliche indirekte Nutzungsänderung landwirtschaftlicher Anbauflächen (ILUC – Indirect Land Use Change) haben kann, weil sich die Mitgliedsstaaten verpflichtet haben, bis 2020 ca. 10% ihres Treibstoffs für den Transportsektor aus nachwachsenden Rohstoffen zu gewinnen. Nach der Studie führt die EU-Politik dazu, dass die durch Biosprit-Bedürfnisse erzeugte Transformation von Flächen und daneben dann Neuschaffung von Nutzflächen eine hohe CO2-Belastung zur Folge hat, die den niedrigeren Ausstoss am Auspuff relativiert oder sogar übersteigt.

 Nicht nur die Initiatoren der Studie, darunter Greenpeace und NABU, sondern zahlreiche andere Umweltorganisationen stimmen der Studie zu oder jedenfalls in den Chor der Kritiker ein.

 Da ist es dann nicht verwunderlich, dass natürlich zuvörderst die Hersteller von Biokraftstoffen widersprechen, allerdings auch sie mit guten Argumenten. Denn die Studie arbeitet mit einer Fülle von Hypothesen, von denen fast jede so plausibel oder weniger plausibel ist wie die nächste. Vor allem werden die Ergebnisse der Studie nicht völlig von den ihr zugrunde liegenden Teilerkenntnissen gedeckt. Die Meinungen der Wissenschaft gehen mal wieder fröhlich durcheinander und auseinander und aneinander vorbei und sind folglich höchst geteilt.

 Ein eindeutiges und klares Bild lässt sich noch nicht gewinnen.

 Interessant ist immerhin, dass vieles, das jetzt im Zusammenhang mit Biosprit E10 diskutiert wird, gar nicht so neu, sondern nur neu auf dem Markt der Kommunikation ist oder mit anderen Worten: langsam kommt´s raus!

 Denn schon 2007 hat eine internationale Gruppe von Wissenschaftlern festgestellt, dass Biosprit klimaschädlicher ist als Benzin, unter anderem deshalb – man muss auch mal etwas um die Ecke denken – weil beim Düngen der Energiepflanzen grosse Mengen des gefährlichen Lachgases (NO2) in die Atmosphäre gelangen; Lachgas hat eine 300-fach so grosse Treibhauswirkung wie dieselbe Menge an Kohlendioxid und schädigt ausserdem die Ozonschicht. (Anmerkung am Rande: das macht auch nachdenklich bei der Förderung von Raps und Mais für die Biogasgewinnung!). Interne Studien der EU (und anderer Wissenschaftler) haben bereits 2009 festgestellt, dass das 10%-Ziel für Biodiesel jedenfalls mehr schadet als nützt. Erst auf den Druck der Öffentlichkeit hin hat die Kommission diese als geheim eingestuften Studien jetzt publik gemacht.

 Ob es wirklich eine Illusion ist, zu glauben, eine Energieversorgung Deutschlands zu 100% mit klimaneutraler Energie aus nachwachsenden Rohstoffen sei möglich, kann gegenwärtig dahingestellt bleiben, obwohl mehr dafür als dagegen spricht.brett

 Eines allerdings meinen wir, das Institut für Jagd Umwelt und Naturschutz, sehr wohl:

 Es ist unverantwortlich, mit einer Biospritpolitik „per ordre de Mufti“ loszulegen, solange die massiven und plausiblen Bedenken nicht ausgeräumt sind, ja solange nicht einmal vernünftige und mehrheitlich akzeptable Erkenntnisquellen der Politik zugrundegelegt werden können, und solange die Bevölkerung nicht objektiv unterrichtet werden kann.

 Aber wem es gänzlich schnuppe ist, wie das Volk über Atommülltransporte, atomare Endlagerstätten, Flugrouten oder Kopfbahnhöfe denkt, der wird natürlich auch in der Energiepolitik rücksichtslos weiterwursteln. Die Entscheider können ja immer noch in den Schwarzwald, die Schorfheide oder nach Mallorca ziehen, wo die Luft – hoffentlich – noch  ´ne Weile sauberer ist!

 Dr. Wolfgang Lipps

Geschäftsführer JUN.i Institut für Jagd Umwelt und Naturschutz

Malaria durch Biosprit

Die Universität von Wisconsin hat eine interessante Studie veröffentlicht: die zunehmenden Waldrodungen im brasilianischen Bundesstaat Acre führen zu einem beachtlichen Anstieg an Malariafällen – nur 4,2% mehr Waldrodung führte zu 48% mehr Malariaerkrankungen. Das Institut hat die Krankenzahlen aus 24 Krankenstationen der Region in den Jahren 1999 bis 2001 mit den Rodungsberichten verglichen.

Das Ergebnis überrascht nicht. Es entstehen durch die Rodungen, insbesondere die Arbeitscamps, eine Menge neue kleine Wasserflächen in alten Reifen, Plastikmüll usw., und der durch die schweren Maschinen verdichtete Boden hält mehr Oberflächenwasser in Pfützen und Fahrspuren und verbessert so die Brutbedingungen der Anopheles-Mücke.

Und das wird noch schlimmer, weil Brasilien einen starken Anstig der Rodungen plant, um nicht nur Holz zu exportieren, sondern um seine eigene Biospritproduktion auszuweiten und exportfähige Ölpflanzen anzubauen. Allein im Bundesstaat Bahia sollen durch Waldrodungen demnächst 870.000 Hektar für Zuckerrohr für die Ethanol-Produktion und 868.000 Hektar für den Anbau von Ölpflanzen wie Rizinus, Indischer Brechnuss und Ölpalmen für die Biodiesel-Produktion freigemacht werden.

Also nicht nur weltweite Klimaschäden sondern auch Zunahme von Krankheiten – das ist der Fluch der bösen Tat, dass sie fortzeugend Böses muss gebären (Schiller)!

Dr. Wolfgang Lipps