Forst Brandenburg – ein „Saftladen“?

Brandenburg liegt an fünfter Stelle der waldreichen Länder der Bundesrepublik. Insgesamt gibt es in Brandenburg rund 1,1 Millionen ha Wald, das entspricht 37% der Landesfläche. 9,7% aller Wälder Deutschlands befinden sich auf Brandenburgischem Grund und Boden. Der private Wald, ca. 57% des gesamten Waldes, gehört ca. 100.000 Waldbesitzern, meist kleine Bestände unter 10 ha.

Die erste Sau rennt durchs Dorf.

Seit nahezu 15 Jahren basteln die Brandenburger an ihrer Forststruktur.

2008 gabs dann ein Gesetz zur Neuorganisation der Forststruktur. Seit 2012 werden hoheitliche bzw. gemeinwohlorientierte und wirtschaftliche Leistungen getrennt und in zwei verschiedenen Oberförsterei-Arten wahrgenommen. Die 14 Landeswaldoberförstereien mit 160 Revieren bewirtschaften die 270.000 Hektar Landeswald. Außerdem sind sie für die jagdlichen Aufgaben im Landeswald zuständig.  Die 30 Oberförstereien mit 208 Revieren sind zuständig für hoheitliche und gemeinwohlorientierte Aufgaben im gesamten brandenburgischen Wald. Sie sind als untere Forstbehörden zuständig für Genehmigungen, für die Sicherung der Interessen für den Wald als Träger öffentlicher Belange und beraten die rund 100.000 Waldbesitzer. Der Waldschutz und die Waldbrandüberwachung gehören ebenso zu ihren Tätigkeiten, wie die Waldpädagogik.

Die Kritik riss nicht ab, und die Forstpolitik in Brandenburg machte bis heute nur selten mal „bella figura“. Deshalb wollte schon der zuständige Minister Vogelsänger – dem wir öfter unterstellt haben, dass er nix vom Fach versteheReformversuche unternehmen, hat die aber nie so richtig durchgekriegt.

Zufrieden ist eigentlich hier in Brandenburg niemand, und seit so richtig klar geworden ist, dass die Forstpartie nicht nur Klimawandel mit Dürre und Borkenkäfer und Co., sondern auch ihre eigenen Fehler der Vergangenheit mit einem Umbau von „Wald ohne Wild“ betreiben will, haben sie es sich auch mit den Jägern verdorben.

Da wird die zweite Sau durchs Dorf getrieben, bevor die erste den Dorfausgang erreicht hat.

Denn unser neuer Minister, Herr Vogel (ein würdiger Nachfolger von Herrn Vogelsängerkein Witz!) hat gerade ein Gutachten vorgestellt (nachstehend abgedruckt), das den harmlosen Titel „Evaluation des LFB“ trägt – des Landesforstbetriebs – aber tatsächlich nicht nur ziemlich krasse Reformvorschläge enthält, sondern zuerst einmal eine vernichtende Darstellung des bisherigen Zustands der Forstpartie in Brandenburg liefert.

Ein niederschmetterndes Urteil!

Denn da lesen wir z. B.:

–       ein Betrieb  wie der LFB mit mehr als 100 Mio Euro Umsatzvolumina muss auf allen Ebenen als ein solcher geführt werden

–       Gelingt kein Konsens über eine Zielstruktur, wird es den LFB in weniger als 10 Jahren de facto nicht mehr geben.

–       Ein unternehmensweites Controlling, welches als Führungsinformationssystem dient und genutzt wird, ist derzeit nicht existent. Mehr als 50 % der in der Kosten- und Leistungsrechnung verbuchten Kosten sind nicht direkt auf die Leistungserstellung geschlüsselt. Eine betriebswirtschaftliche Steuerungsentscheidung ist mit dieser Struktur der quantitativen Daten nur bedingt möglich.

–       Im Landeswald können nicht ausreichend Schlüsse aus den vorliegenden Daten gezogen werden. Auch im Bereich der Leistungen der Oberförstereien und Hoheitsreviere wurden zum Teil erhebliche Defizite festgestellt.

–       Sofern formulierte Ziele vorliegen, können diese – mangels Zahlen – nicht nachgehalten oder deren Einhaltung evaluiert und hinterfragt werden.

–       Es braucht Standards und ein Qualitätsmanagement.

–       Entgegen der Haushaltsordnung des Landes dienen im LFB alle Einnahmen zur Deckung aller Ausgaben.

–       Der LFB bekommt rund 60 Mio Euro als Finanzierungsmittel, Zuweisung für die Wahrnehmung der hoheitlichen Aufgaben und Aufgaben der Gemeinwohlleistung. Eine Spartenrechnung ist nicht existent, daher ist die Trennung zweckgebundene Mittel für beispielsweise die Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben nicht möglich.

–       Das hohe Durchschnittsalter der Beschäftigten wirkt sich negativ auf die Produktivität aus.

–       Die Eingruppierung der MitarbeiterInnen in den Hoheits- und Landeswaldrevieren steht nicht im Einklang mit den wahrzunehmenden Aufgaben, den Kompetenzen, der Tragweite und der Verantwortung.

–       Eine strukturelle Fort- und Weiterbildung der MitarbeiterInnen ist im SFB bislang nicht vorhanden.

–       Ferner ist eine Verzahnung der Fort- und Weiterbildung mit der fachlichen Expertise des Landeskompetenzzentrums Forst Eberswalde in weiten Teilen nicht gegeben.

–       Eine Kostendeckung der Landeswaldbewirtschaftung ist nicht gegeben. Es ist nicht ersichtlich, dass zu schlagende Holzmengen unter Berücksichtigung des erntekostenfreien Erlöses analysiert werden, was dazu führt, dass durch Holzhieb nach Abzug der Erntekosten Verluste entstehen.

–       Der Fahrzeug- und Maschineneinsatz ist nicht geplant und gesteuert. Die Investitionen in den Fahrzeug- und Maschinenpark folgen keiner betriebswirtschaftlichen Logik. Die Auslastung der forstwirtschaftlichen Groß- und Spezialmaschinen rechtfertigt den Bestand an Maschinen nicht.

usw. usf. ….

Genug, genug! Was haben die Verantwortlichen eigentlich seit 2008 getan?

Über die Handlungsempfehlungen dieses Gutachtens muss mit Sicherheit geredet werden, und sie sind sorgfältig zu überdenken. Eines aber zeigt sich jetzt:

so stümperhaft wie bisher sollte der notwendige Waldumbau wirklich nicht mehr betrieben werden.

Neue Förster braucht das Land!

Oder?

Dr. Wolfgang Lipps

Forstreform bbg 2021

 

Der Mindestabschussplan – Perversion der Jagdethik und des Jagdrechts

 
Der Schalenwild-Krieg
Seit Jahren führt die Forstpartie, und mit ihr etliche private Waldbesitzer, einen Krieg gegen unser Schalenwild. Das Ziel ist letztlich seine Ausrottung, und jedenfalls in Brandenburg sind sie diesem Ziel ziemlich nah; wenn jetzt nicht drastisch gegengehalten wird, werden Wild und Jäger verlieren!

Denn die haben, jedenfalls in Brandenburg, keinen Fürsprecher mehr. Vor kurzem hat sich die Forstverwaltung für das Referat 35 unter Carsten Leßner, das für Wald- und Forstwirtschaft zuständig ist, auch die Oberste Jagdbehörde „unter den Nagel gerissen“. Damit verlieren Jäger und Wild „ihre“ Behörde. Ihnen bleibt nur noch der Landesjagdverband.

Aber auch der erweist sich als Totalausfall.

Sein Präsident – andere Vorstandsmitglieder scheint es nicht mehr zu geben – eiert rum zwischen markigen Worten und törichtem Geschwätz, zwischen Aufrufen zum Widerstand und Einknicken vor der Forstpolitik. Das hat beim LJV leider Tradition – man erinnere sich an das Rotwildmassaker 2003, bei dem sich der LJV rasch „vom Acker gemacht hat“ (s. Titelbild!).

Da mag Prof. Pfannstiel wutentbrannt aus dem LJV austreten, da mögen Jägerschaften wie der Jagdverband Brandenburg/Havel ihr Misstrauen ausdrücken, da schreiben wir in diesem Blog seit Jahren, was Sache ist:

„Der Hund bellt und die Karawane zieht weiter“!

Was ist ein Abchussplan?

Das BJagdG verlangt für den Abschuss von Schalenwild einen Plan, mit dem ein artenreicher und gesunder und dem Biotop angepasster Wildbestand unter Berücksichtigung der Belange der Land- und Forstwirtschaft erhalten werden soll. Das verlangt das LJagdG Brandenburg auch und sagt insbesondere (Fettdruck von mir):

(1) Wild ist ein wesentlicher Bestandteil der heimischen Natur. Es ist als unverzichtbarer Teil der natürlichen Umwelt in seinem Beziehungsgefüge zu bewahren. Der Schutz des jagdbaren Wildes und seiner Lebensräume ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.

 (2) Dieses Gesetz dient dazu,

  1. einen artenreichen und gesunden Wildbestand in einem ausgewogenen Verhältnis zu seinen natürlichen Lebensgrundlagen zu erhalten;
  2. bedrohte Wildarten zu schützen;
  3. die natürlichen Lebensgrundlagen des Wildes zu sichern, zu verbessern und so weit wie möglich wiederherzustellen;
  4. die von jagdbaren Tieren verursachten Schäden am Wald und auf landwirtschaftlichen Kulturen auf ein wirtschaftlich tragbares Maß zu begrenzen;
  5. die jagdlichen mit den sonstigen öffentlichen Belangen, insbesondere mit denen des Naturschutzes, des Tierschutzes, der Landschaftspflege sowie der Erholungsnutzung in Einklang zu bringen;
  6. die Jagdausübung und die Jagdorganisation zu regeln;
  7. eine biotopgerechte Wildbewirtschaftung durchzusetzen.

Das ist das Grundgesetz der Jagd, das „Gesetz, nach dem wir angetreten“ (Goethe, Urworte). Auch unter Vorrang von Land- und Forstwirtschaft muss immer ein gesunder artenreicher und angepasster und wirtschaftlich tragbarer (!) Wildbestand erhalten, also gehegt werden. Das bedeutet: Wild darf weder über Gebühr dezimiert noch gar ausgerottet werden.

Was ist demgegenüber ein „Mindestabschussplan“?

Der ist kein Plan, sondern nur eine Lizenz zum Töten!

Schon in unserem Blogbeitrag vom 12.03.2015 haben wir ausgeführt:

: ein Mindestabschussplan ist überhaupt kein „Plan“. Denn der muss eine detaillierte Vorstellung von der Art und Weise vorsehen, in der ein bestimmtes Ziel erreicht werden soll (Duden) und bestimmte Planungsprämissen enthalten; die übliche Abschussplanung berücksichtigt z. B. den Istbestand, die Strecke, den vorgesehenen und behördlich anerkannten Zielbestand, das Geschlechterverhältnis und den Altersaufbau einer Wildart – das ist ein Plan. Die Festlegung, mindestens 5 aber vielleicht auch 10 oder 124 Stück einer Wildart zu erlegen, ohne Rücksicht zunächst auf alle anderen Parameter, ist dem gegenüber gerade kein Plan.  

Der miese Trick also, die Hegeverpflichtung, die weiter Gesetz bleibt, tatsächlich zu unterlaufen, ist der sog. Mindestabschuss. Der wird für alle Altersklassen verfügt, wie wir in unserem Blogbeitrag vom 20.05.2019 („Brandenburg rottet das Schalenwild aus!“) belegt haben. Damit wird dann zuerst die Jugendklasse ausgerottet, die nächsten Klassen wahrscheinlich auch, und wenn man eine Wildart zufällig im Jagdjahr nicht ganz erwischt, dann stirbt sie bei dieser Bejagung nach einigen Jahren aus.

Legal?

Illegal?

Scheißegal!

Ist der Mindestabschussplan rechtswidrig oder nur ein Verstoß gegen die Weidgerechtigkeit?

Ganz klar beides.

Die Hegepflicht ist eine Säule, in der Tat die neben der Wildschadensbegrenzung einzige heute tragfähige Rechtfertigung der Jagd. Sie ist der Garant der Nachhaltigkeit. Ein Gesetz- oder Verordnungsgeber, der sie unterläuft, verletzt die Grundsätze der Weidgerechtigkeit.

Er handelt vor allem aber rechtswidrig, denn seine Art der Abschussregelung über einen Mindestabschuss ohne Obergrenzen verstößt gegen seine eigenen verbindlichen Rechtsgrundsätze in § 1 des Gesetzes und damit gegen das Recht – genau das nennt man rechtswidrig!

Nun gibt es Urteile, die Mindestabschüsse ausdrücklich für rechtens erklären. Was ist mit denen?

Gute Frage.

Tatsächlich sind sie falsch.

Das hat einen erklärbaren Grund: die Gerichte sind nie vor die Frage gestellt worden, ob der im Einzelfall verordnete Mindestabschuss überhaupt rechtmäßig ist. Am 13.10.2016 haben wir das bereits wie folgt erläutert:

…Die Gerichte … halten Mindestabschusspläne unter bestimmten Voraussetzungen – vorherige Bestandserfassung, Interessenabwägung und nachvollziehbarer Rahmen – für rechtlich zulässig und verfassungsgemäß. Liest man sich die Urteile allerdings genauer durch, dann stellt man fest, dass sie sich zwar lang und breit mit der Erfassung des Wildbestandes, den Schäden und der bisherigen Abschussplanung befassen, aber gleichzeitig davon ausgehen, dass ein Mindestabschussplan mit dem BJagdG vereinbar sei. Typisch sind da die langen und sorgfältigen Ausführungen des OVG Rheinland-Pfalz (11.02.2015 – 8 A 10875/14.OVG)…,

 Fazit:

Mindestabschusspläne sind keine Pläne, sondern, jedenfalls ohne hegerische Obergrenze aller Altersklassen, Instrumente einer rechtswidrigen Reduzierung von Wildbeständen, ein Verstoß gegen die Weidgerechtigkeit, und damit, in den Worten von Pfannenstiel, eine „Katastrophe für die Wildbestände“.

Dem Jäger wird maßgeblich selbst die Möglichkeit gegeben, zu entscheiden, wann und wie er jagt“, sagt Leßner der RUNDSCHAU.

So geht Verdummung!

Das mag gerade noch für einen Teil der privaten Jägerschaft gelten, aber für den Forstbetrieb und seine Bediensteten erkennbar gerade nicht. Vor allem: wenn der Jagdgesetzgeber das gewollt hätte, dann hätten wir so gut wie kein Jagdrecht und keine Jagdgesetze.

Kann wohl so nicht stimmen!

Ihr

Dr. Wolfgang Lipps

Geschäftsführer